GroBstadtkritik im 18. und zu Beginn des 19. lahrhunderts orientiert sich vor allem an den physischen Phanomenen in den Stadten. Mangelhafte Belich tung, Beliiftung und Besonnung werden als Verursacher von Krankheiten und fUr die Verringerung der individuellen Lebensdauer verantwortlich gemacht. Erst als industrielle GroBstadt wird sie dann – nach der sozialhygienischen Thematisierung – einer soziologischen Kritik unterzogen. Die gewandelten Formen des sozialen Zusammenlebens, die sich im Gegensatz zum Land her ausbildeten, sind nun ein zentraler Gegenstand der sich zur Wissenschaft ent wickelnden (Stadt)Soziologie. Die sozialwissenschaftlichen Fragestellungen haben ihre Vorlaufer und an fanglich auch ihre standigen Begleiter in kulturpessimistischen Verlautbarun gen. So mahnt man dort den Zerfall von Sitte und Moral an. Der vereinsamte, heimat-und wurzellose, der Vermassung und letztendlich der Verelendung preisgegebene Mensch wird beklagt und die Aufl6sung von familiaren Banden mit den rasch – zu Lasten der landlichen Bereiche – anwachsenden Indu striestadten in Verbindung gebracht. Derartige Anschauungen bildeten die wesentliche Grundlage fur ein Theoriekonstrukt. Fur den Sozialwissenschaft ler T6nnies sind Gemeinschaft und Gesellschaft die relevanten sozialen Da seinsformen. Ein historischer Ruckblick auf soziale Utopien des beginnenden Industriezeitalters wie auch die spatere Thematisierung von Nachbarschaften und Wohngemeinschaften zeigen die Reichweite dieser soziologischen Ideal typen. Ein Staats roman der Renaissance weist auf die Urspriinge sozialisti scher Utopien in der Zeit der industriellen Revolution hin. Nicht das bekannte "Utopia" von Thomas Morus, sondern die kaum weniger bedeutsamen Ge meinschaftsphantasien und -konzepte des calabresischen M6nchs Campanella dienen hier als Beispiel fur Utopien zu Beginn der "Moderne".
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